Wirtschaftsspiegel Thüringen Ausgabe 04/2014 - page 22

Logistik
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„I-LAN“ soll den
Ladungsverkehr industrialisieren
Um Ladungsverkehre effizienter zu gestalten und die Auslastung von LKW zu optimieren, hat die ELVIS AG ein neues Forschungspro-
jekt gestartet. Zusammen mit der Fachhochschule Erfurt, der Spedition Schwarz, der Spedition LIT sowie der EIKONA AG plant ELVIS,
ein intelligentes Ladungsnetzwerk (I-LAN) mit deutschlandweit verteilten Knotenpunkten zu schaffen. Im Mittelpunkt steht dabei die
Entkopplung von Fahrer und Fahrzeug. Wenn das System funktioniert, sind Kostenersparnisse von bis zu 20 Prozent möglich.
„Heute läuft ein Fahrzeug im Ladungsverkehr gerade einmal 6,5
Stunden. Das entspricht einer Produktivität von 27 Prozent“, erklärt
Jochen Eschborn, Vorstandsvorsitzender der ELVIS AG. Mit dem For-
schungsprojekt, das bis 2017 läuft, verspricht sich Eschborn eine
deutliche Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und Produktivität im La-
dungsverkehr. Dies sei beispielsweise durch eine Entkoppelung von
Fahrzeug und Fahrer möglich. Die bessere Planung von LKW-Lauf-
zeiten sowie der Wegfall der Rückladungssuche sind weitere Vor-
teile. „Wir müssen die Verkehre industrialisieren, dann könnten wir
bis zu 20 Prozent Kostenersparnis erzielen“, ist sich Eschborn sicher.
In Kooperation mit dem Institut Verkehr und Raum der Fachhoch-
schule Erfurt wird ein intelligentes Ladungsnetzwerk entwickelt. Der
Mathematiker Bernd Nieberding berechnet dazu ein Modell, mit dem
flexibel die Linien in Abhängigkeit von Abfahrten und dem wirkli-
chen Ladungsaufkommen jede Nacht neu bestimmt werden. Für
Jochen Eschborn ist die aktuelle Praxis nicht mehr zeitgemäß: „Bis-
lang fährt ein LKW von München nach Bremen und einer von Bremen
nach München. Beide transportieren Bier und könnten sich auf hal-
ber Strecke zuwinken, wenn sie voneinander wüssten.“ Besser sei es
doch, wenn sich die Fahrer in der Mitte treffen und ihre Ladung tau-
schen würden. Ziel müsse daher ein industrialisierter Ladungsver-
kehr sein, mit dem die Produktivität der Transporte steigen würde.
Im Mittelpunkt des Konzeptes steht ein dynamisches Netzwerk, wel-
ches sich aus deutschlandweit verteilten Begegnungspunkten bil-
det. „Im Prinzip reicht bereits eine umzäunte Fläche, in der die Über-
gabe der Ware vollzogen werden kann“, erklärt Andy Apfelstädt,
Projektverantwortlicher der FH Erfurt. Damit das intelligente La-
dungsnetzwerk funktioniert, muss der LKW innerhalb einer Lenkzeit
wieder an den Ausgangsort zurückkehren.
Besonderer Vorteil der Neustrukturierung: Ein LKW könnte zukünftig
zwei Fahrten am Tag absolvieren und die Rückladungssuche wäre
hinfällig. Auch die Kabinen der Fahrer müssten nur noch für den
Nahverkehr ausgerüstet sein, da die Übernachtungen auf Rast-
plätzen entfallen. Zudem soll mit dem Forschungsprojekt auch die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden. „Dank des
dynamischen Netzwerk-Modells kann die Entkopplung von Fahrzeug
und Fahrer endlich umgesetzt werden. Nach dem Ende seiner Lenk-
zeit bringt der Fahrer den LKW an seinen Ausgangsort zurück und
ist abends wieder bei seiner Familie“, erklärt Eschborn.
Zwar lässt sich nicht jede Ladung per Begegnungsverkehr abbilden,
aber Jochen Eschborn sieht im Forschungsprojekt „I-LAN“ dennoch
eine Lösung für die Zukunft: „Ich bin überzeugt, dass wir bis zu 60
Prozent der standardisierten Komplettladungstransporte auf diese
Weise abdecken und somit den Ladungsverkehr wirtschaftlicher ge-
stalten können.“ (em/tl)
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Sie wollen den Begegnungsverkehr industrialisieren: Dipl. Math. Bernd Nieberding (FH Erfurt), Prof. Mathias Gather,
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Prof. Sergey Dashkovskij, Thomas Schwarz (Spedition Schwarz), Andy Apfelstedt (FH EF) und Jochen Eschborn (ELVIS AG) (v.l.)
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Foto: ELVIS
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