Wirtschaftsspiegel Thüringen Ausgabe 04/2014 - page 45

Arbeitsrecht
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Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil
vom 21. Januar 2014 (3 AZR 807/11)
entschieden, dass der Arbeitgeber nicht
verpflichtet ist, den Arbeitnehmer von
sich aus auf den Anspruch auf Entgelt-
umwandlung nach § 1 a BetrAVG hinzu-
weisen.
In dem zur Entscheidung liegenden Fall
hat ein ehemaliger Arbeitnehmer seinen
Arbeitgeber auf Schadensersatz ver-
klagt, weil er ihn nicht auf den gesetzli-
chen Anspruch auf Entgeltumwandlung
nach § 1 a BetrAVG hingewiesen hat.
Alle drei Instanzen der Arbeitsgerichts-
barkeit haben dies abgelehnt.
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts
(BAG) besteht keine solche Hinweis-
pflicht im Gesetz zur Verbesserung der
betrieblichen Altersvorsorge (BetrAVG).
Sie wäre auch nicht aus der allgemei-
nen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
gegenüber seinem Arbeitnehmer her-
leitbar. Paragraf 1 a BetrAVG normiere
einen Rechtsanspruch auf Entgeltum-
wandlung. Er diene der Förderung der
betrieblichen Altersvorsorge. Der Ge-
setzgeber habe diese jedoch in die Ei-
genverantwortung des Arbeitnehmers
gelegt. Zwar könne die Aufklärung des
Arbeitnehmers über seinen Anspruch
auf Entgeltumwandlung durch den
Arbeitgeber dazu beitragen, die Ver-
breitung der Entgeltumwandlung zu
fördern, aber die Verantwortungsbe-
reiche zwischen Arbeitgeber und Ar-
beitnehmer seien klar abgetrennt. Der
Gesetzgeber habe es ausschließlich
dem Arbeitnehmer zugewiesen, die Ent-
scheidung zu treffen, künftige Entgelt-
ansprüche in eine betriebliche Alters-
versorgung umzuwandeln. Erst wenn er
diese Entscheidung getroffen hat und
diese gegenüber dem Arbeitgeber mit-
teilte, trifft den Arbeitgeber die Ver-
pflichtung zum Handeln. Paragraf 1 a
Abs. 1 Satz 1 BetrAVG spricht davon,
dass der Arbeitgeber erst dann tätig
werden muss, wenn der Arbeitnehmer
es „verlangt“. Das BAG betonte, dass je-
de Partei für sich für die Wahrnehmung
ihrer Interessen selbst zu sorgen hat
und sich Klarheit über die Folgen ihres
Handelns verschaffen muss. Es verwies
darauf, dass der Anspruch des Arbeit-
nehmers auf Entgeltumwandlung sich
aus einen für jedermann zugänglichen
und insoweit ohne weiteres verständli-
chen gesetzlichen Bestimmungen des
Paragraf 1 a BetrAVG ergibt. Insofern sei
es vom Arbeitnehmer zu erwarten, dass
er sich darüber selbst informiert. Es
handele sich nicht um eine komplexe,
schwer durchschaubare Versorgungs-
regelung. Das BAG weist in seiner Ent-
scheidung weiter darauf hin, dass je-
doch der Arbeitgeber keine falschen
oder unvollständigen Auskünfte ertei-
len darf. Dafür wäre er dann haftbar.
Insofern sei jedem Arbeitgeber grund-
sätzlich angeraten, sich mit Informatio-
nen über die arbeitnehmerfinanzierte
betriebliche Altersversorgung zurückzu-
halten. Er kann auf die Auskünfte des
Vertragspartners, auf zugängliche Bro-
schüren der Bundesregierung und der
Rentenversicherung verweisen. (ks)
„Jeder ist seines Glückes Schmied“
- auch der Arbeitnehmer
Kathrin Stocky, Arbeitsrechts-Expertin des Allgemeinen Arbeitgeberverbandes Thüringen (AGVT) informiert dieses Mal über ein ak-
tuelles Urteil zum Anspruch auf Entgeltumwandlung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge.
Foto: K.-U. Häßler/fotolia
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